Voces Celestes

Ein gesungenes Glaubensbekenntnis

Zellkultur präsentierte das Ensemble Voces Celestes in der evang. Kirche

Zell a.H. Was zeichnet einen guten Chor aus? Nicht nur der Zusammenklang exzellenter Stimmen, sondern aus Ausdrucksstärke und Glaubwürdigkeit. Das bewiesen Voces Celestes am Samstagabend in der evang. Kirche Zell a.H. mit einem Programm geistlicher Musik aus dem 16. und 17. Jahrhundert.

Der Chor „Voces Celestes“ beeindruckte mit exzellenten Stimmen und Ausdrucksstärke. (Foto: Hansjörg Wörner)

Unter dem Titel Meine Harfe ist zur Klage geworden huldigte das Ensemble unter der Leitung von Fritz Krämer dem bedeutenden Barockmeister Heinrich Schütz und seinen Schülern. Dabei offenbarte der Chor seine vokalen Tugenden - saubere Intonation, sorgfältige Artikulation und exzellente Ausarbeitung musikalischer Phrasen, überzeugte vor allem dadurch, dass er die geistlichen Texte in ihrer heute meist befremdenden barocken Frömmigkeit glaubwürdig machte.

Wie kaum ein anderer Komponist hat Heinrich Schütz nach Möglichkeiten gesucht, das Bibelwort als Fundament des evangelischen Glaubens musikalisch umzusetzen. Deshalb war ihm die menschliche Stimme in seiner Musik besonders wichtig. Voces Celestes machten dies mit ihrem Vortrag der meist mehrstimmigen geistlichen Werke deutlich. Trotz verhaltener und sehr behutsamer Vortragsweise durchströmen auch helles Licht und Leichtigkeit diese Musik. Dies rührt wohl von einem dreijährigen Studienaufenthalt in Venedig her, wo sich der junge Komponist ausgiebig den unterschiedlichen Vokalgattungen gewidmet hat. Die Kunstfertigkeit der Komposition und die vollkommene Einheit von Musik und Text offenbarte bereits das Titelstück Meine Harfe ist zur Klage geworden, das auf den Bibelworten aus dem Buch Hiob basiert. Hervorragend harmonierten die beiden Sängerinnen Florence Günther und Anne Hartmann, ergänzten sich eindrucksvoll bei den verschiedenen Parts. Ein inniges Sopranleuchten, wie man es selten zu hören bekommt. Beide können den Sopran zu einem dünnen Strahl fokussieren und einzelne Stellen mit genau dosiertem Vibrato betonen. Sie können gleichermaßen hochdramatisch werden und verschwenderisch die Klänge verströmen. Das bewiesen sie auch mit ihren jeweiligen Solovorträgen.

Für einen ausdrucksstarken musikalischen Exegeten besitzt Dino Lüthy schönste Tenorqualitäten, die er bei seinem Solo O Jesu, nomen dulce glänzend zur Geltung brachte. Wo es um das Aufgreifen momentaner Gestaltungschancen ging, dort muss man den hervorragenden Bass Karsten Müller und seinen Vortrag (Ich liege und schlafe) nennen. Eine Überraschung im international besetzten Ensemble war der Brasilianer Breno Quinderé, der bei dem vertonten Psalm Ich danke dem Herrn ein von schlankem Timbre dominiertes, geradezu sinnliches Charisma entwickelte.

Musikalisches Intermezzo auf der Truhenorgel

Mit einer weiteren Überraschung wartete Organist Roland Johannes auf, der die Choristen nicht nur kongenial begleitete, sondern auch als Solist beeindruckte. Sehr aufmerksam und historisch informiert gestaltete der die Partita Auf meinen lieben Gott von Dietrich Buxtehude. Dieser Komponist involviert beispielhaft die musikalische Rhetorik seiner Zeit. Und Johannes weiß sich ihrer versiert zu bedienen: Überwältigend geriet seine Interpretation auf der Truhenorgel, die aus der Werkstatt des Schiltacher Orgelbauers Gruber stammt. Eine weitere Preziose aus dem Œuvre eines Barockmeisters - Vater unser im Himmelreich von Georg Böhm - präsentierte Roland Johannes auf der Kirchenorgel.

Während des gesamten Konzertabends spürte man das Engagement, ja die Inbrunst, mit der das Ensemble agierte. Dass ein Chor ein so ausgeglichenes Potential besitzt, so mustergültig geschlossen auftritt, erstaunt umso mehr, wenn man bedenkt, dass Voces Celestes nur gelegentlich in der Besetzung wie in der evang. Kirche zusammenarbeitet. Sicherlich ist das auch dem musikalischen Gespür Fritz Krämers zu verdanken und dessen Dirigat, das die Begeisterung der Sängerinnen und Sänger auf ein solides, gleichsam sachliches Fundament stellte. Einem Klangbild, das in seiner angestrebten Tadellosigkeit auch die Exegese nicht vergisst, kann dies nur förderlich sein.

Überzeugend in dieser Hinsicht war die gesamte thematische Gestaltung des Abends: von der Klage über den Ausdruck der Hoffnung zum Dank und zur Lobpreisung Gottes mit der Bitte um Frieden. Mit einem versöhnlichen Nun sich der Tag geendet hat aus der Feder Adam Kriegers klang das Konzert nach anderthalb Stunden aus. Nach dem Innehalten vor dem Schlussapplaus zu urteilen, war das Publikum angetan, ja ergriffen. Merke: Wo eine solche Musik verklungen ist, bleibt die Botschaft!

Schwarzwälder Post, 18.05.2011 (Hansjörg Wörner)


Plakat: „Fontana d'Israel“ in Falkenstein

Mund musikalisch zu Recht voll genommen

Bei den Konzerten in der Martin-Luther-Kirche setzt die evangelische Kirchengemeinde Falkenstein auf Qualität, wie der Auftritt von „Voces Celestes“ einmal mehr bewies.

Falkenstein. Der Name des sechsköpfigen Ensembles legt die Messlatte sehr hoch. Doch „Voces Celestes“, zu Deutsch „himmlische Stimmen“, bereitete es hörbar keine Schwierigkeiten, dem selbst gesetzten Anspruch gerecht zu werden. Als einziger ernsthafter Konkurrent der jeweils drei Frauen- und Männerstimmen setzte sich das lichtflutende sommerlich warme Wetter höchst wirkungsvoll in Szene. Gleichwohl hatte ein achtbarer Kreis interessierter, aufmerksamer Zuhörer den Weg in die Martin-Luther-Kirche gefunden.

Ebenso vielstimmig wie beredt sprudelten dort Teile aus „Israelis Brünnlein“, einer Sammlung von Psalmen und Sprüchen aus dem Alten Testament, 1623 vertont von Johann Hermann Schein. Unter Leitung des Baritons und Philosophie-Doktoranden Fritz Krämer warteten die Sänger mit klarer Linienführung, geschmackvoller Phrasierung und einem weich fließenden Gesamtklang auf, der von der ersten Note an fesselte.

„Freue dich des Weibes deiner Jugend“ aus dem Buch der Sprüche bildete das prachtvolle Portal, gefolgt von dem tiefernsten „Ich lasse dich nicht“ und „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen“. Genauso mitteilsam gelangen die jubilierenden Teile wie „Ich freue mich im Herren“ oder das abschließende „Nu danket alle Gott“.

Subtil ausschraffiert

Zu den exzellenten gesanglichen Leistungen der beiden Sopranistinnen Felicitas und Judith Erb, der Mezzosopranistin Anne Hartmann, den beiden Tenören Ingo Manuel Haberl und Roland Johannes, der auch die neue Truhenorgel der Kirchengemeinde sicher zu bedienen wusste, fügte sich das Theorben-Spiel des Lautenisten Ori Harmelin vorzüglich. Subtil ausschraffiert bot er solistisch eine Passacaglia von Johann Hieronymus Kapsberger und eine chromatische Toccata Alessandro Piccininis. Als zweite Säule des beziehungsvoll tieflotenden Programms fungierten Auzüge aus den Zyklen der „Kleinen geistlichen Konzerte“ (1636/38) und der „Geistlichen Chormusik“ (1648) von Heinrich Schütz. Sie entstanden in der schweren Zeit des Dreißigjährigen Krieges, was sich in trauernder Klage und sehnsuchtsvoller Hoffnung auf Frieden gleichermaßen ausspricht. Hier hinterließen die beiden text- und inhaltsreichen Sätze „Eile mich, Gott, zu erretten“ und „Habe deine Lust an dem Herren“ besonders nachhaltigen Eindruck.

Der spirituelle Gehalt schien im Gesang der „Voces Celestes“ stilsicher und nuancenreich ausgeleuchtet. (bol)

Taunus Zeitung, 29.08.2009